Geburtstrauma

„Sie haben dem Tag der Geburt entgegengefiebert. Dann kam der Tag. Und nun ist nichts mehr, wie es war.“

Die Geburt wird häufig als das schönste Ereignis im Leben einer Frau stilisiert. Kommt es zu unerwarteten Geburtsverläufen, können verschiedene Symptome auftreten, welche für Mütter und Väter eine enorme Belastung darstellen. Der plötzliche Abbruch des Geburtsvorgangs, lebensbedrohliche Momente und die unerwartete operative Öffnung des Körpers können Traumata hervorrufen. Vor oder während einer neuerlichen Schwangerschaft treten Ängste vor der Geburt häufig verstärkt auf.

Auch ich hatte ich das große Glück, zwei Kindern das Leben schenken zu dürfen – keineswegs selbstverständlich, da mir fast zehn Jahre vor der Geburt meines ersten Kindes eröffnet wurde, dass ich keine Kinder würde bekommen können.

Umso größer war das Glück in der Schwangerschaft und ich sah mit größter Freude der Entbindung entgegen. Doch beide Entbindungen verliefen deutlich anders als dies je mein Wunsch oder meine Vorstellung gewesen wäre. Statt der erwarteten Traumgeburt waren beides Kaiserschnittgeburten, die ihre Spuren hinterließen. Zunächst aus persönlicher Betroffenheit, später aus zunehmendem professionellem Interesse, habe ich mich in den folgenden Jahren intensiv mit den Themen Kaiserschnitt, traumatische Geburt und auch Gewalt unter der Geburt beschäftigt. Immer mehr Frauen haben mich bereits im Rahmen meiner früheren Tätigkeit, aber auch außerhalb zu diesem Thema aufgesucht. Teilweise noch Jahre nach der Geburt beschäftigte sie das Thema und ließ sie nicht mehr los. Der Bedarf an Unterstützung, Begleitung und Therapie von Frauen nach traumatischen Geburtserlebnissen ist mir über die Jahre hinweg ein Herzensthema geworden. Aus diesem Grund arbeite ich auch ehrenamtlich im Verein Traum(a)geburt e.V. als Beraterin für Betroffene mit und gebe außerdem Workshops z.B. im Rahmen von Familienzentren für Menschen, die sich ihren möglicherweise traumatischen Geburtserlebnissen nähern möchten.

Ich möchte betroffenen Frauen und deren Partner*innen eine Möglichkeit bieten, nach der Entbindung oder auch auf dem Weg zur (nächsten) Entbindung ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Was von jedem Menschen als traumatisch erlebt wird, ist sehr individuell und hängt von einer Vielzahl individueller Faktoren und ihren bisherigen Lebensereignissen ab.

Eine unerwartet schnelle Geburt. Eine Geburt, die sich über Tage hinzog. Ein Dammschnitt. Interventionen. Medikamente. Eine Frühgeburt. Ein Kaiserschnitt. Eine Saugglocken- oder Zangengeburt. Schmerzen. Hilflos sein. Alleine gelassen werden. Übergangen werden. Die Trennung vom Baby. Angst. Worte. Gewalt. Ein krankes Kind. Ein Sternenkind.

Das sind nur Beispiele für belastende Ereignisse während einer Geburt. Sie haben eines gemeinsam: das Gefühl, die komplette Kontrolle zu verlieren über das, was gerade passiert. Das, was passiert, übersteigt die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen. Die Mutter und manchmal auch die Partner*in erleben sich und/oder ihr Kind als existenziell bedroht.
 

Mögliche Folgen eines Geburtstraumas

All dies bleibt nicht ohne Folgen für Eltern und Baby. Häufig kommt es nach einem Geburtstrauma zu sehr belastenden Symptomen, die man grob in acht Kategorien einteilen kann:

  • Körperliche Symptome: Als eine Folge des Erlebten befindet sich der Körper in einem Zustand der Übererregung. Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen oder auch Konzentrationsstörungen können die Folge sein.
  • Wiedererleben des Traumas: Das, was während einer traumatischen Geburt passiert ist, kehrt häufig in verschiedener Form wieder. Plötzliche Bilder und Gedanken der Geburt tauchen vor dem inneren Auge auf, Albträume können resultieren. Der Körper reagiert darauf mit enormem Stress, Schweißausbrüche, Angst und Anspannung werden erlebt.
  • Vermeidungsverhalten: Häufig meiden Frauen nach einer traumatischen Geburt alles, was an die Geburt erinnert. Das können bestimmte Gedanken genauso sein wie Personen oder Orte. Manche Teile der traumatischen Geburt können gar nicht mehr erinnert werden, um so die Seele vor weiteren Verletzungen zu schützen.
  • Schwierigkeiten der Mutter-Kind-Bindung & emotionale Taubheit: Manchmal können die Geburtserlebnisse bewirken, dass die Mutter nach der Geburt erst einmal Schwierigkeiten hat, etwas für ihr Kind zu empfinden. Das gesellschaftliche Idealbild einer treusorgenden, liebenden Mutter ab dem ersten Moment verstärkt den Druck enorm. Manche Frauen haben dann die Idee – oder ihr Umfeld -, sie seien eine schlechte Mutter für ihr Kind. Betroffenen Frauen gelingt es nur selten, Mitgefühl für sich und die eigene Situation zu entwickeln.
  • Rückzug aus sozialen Beziehungen: Es kann auch sein, dass sich die Mütter von Menschen zurückziehen, da sie sich unverstanden fühlen. Die Menschen in ihrem Umfeld können die Situation und das, was Frau erlebt hat, meist nicht gänzlich nachempfinden. Ihr Unverständnis („Hauptsache, das Kind ist gesund“), ihr Versuch, das Geschehene herab zu spielen („Das wird schon wieder“, „Das haben schon viele Frauen vor dir erlebt“), ihr Unglaube („Gewalt im Kreissaal gibt es nicht“) und die Scham über das, was du erlebt hast, führen häufig dazu, dass die Mütter sich von Freunden und Familie zurückziehen.
  • Verlust von Selbstvertrauen & Erschütterung der eigenen Identität: Eine traumatische Geburtserfahrung rüttelt tief am Selbstverständnis als Frau, als Mama und als Mensch. Viele geben sich selbst die Schuld an dem, was passiert ist. Vielleicht fühlt sich frau als Versagerin dieser ureigenen Aufgabe als Mutter, ihr Kind zu gebären und stellt sich als Mensch in Frage. Es kann sein, dass diese Erfahrung zu starken Versagensängsten in anderen Lebensbereichen führt. Eine mögliche Folge sind ein negatives Selbstbild („ich bin nichts wert“, „ich kann nichts“, „ich bin falsch“) bis hin zum Selbsthass.
  • Beeinträchtigung der Partnerschaft: Immer wieder fühlen sich Frauen auch vom eigenen Partner unverstanden, im Stich gelassen oder sie schaffen es nicht, ihm ihre Gedanken und Gefühle anzuvertrauen. Der Partner auf der anderen Seite fühlt sich wahrscheinlich komplett hilflos, vielleicht auch ausgeschlossen in dieser Situation. Die Sexualität kann sich nach einem Geburtstrauma (und nach Geburten generell) ebenfalls negativ verändern. Tatsächliche Geburtsverletzungen spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die erlebte erschütterte weibliche Identität. Das Erleben eines Geburtstraumas kann dazu führen, dass frau nie mehr schwanger werden möchte, auch, wenn eigentlich immer mehrere Kinder gewünscht waren.
  • Entwicklung einer psychischen Störung: Nach dem Erleben eines Geburtstraumas kann es zu einer Reihe unterschiedlicher, behandlungsbedürftiger, psychischer Störungen kommen. Insbesondere Angststörungen, depressive Störungen sowie posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) treten gehäuft auf. Beim Verdacht, davon betroffen zu sein, möchte ich jede Frau dazu ermutigen, sich einem Experten wie mir anzuvertrauen: Auch wenn die Situation im Moment vielleicht ausweglos erscheinen mag. Es gibt immer einen Weg.

Aus meiner Erfahrung mit Frauen, die schwere oder traumatische Geburten erlebt haben, weiß ich, dass manche Mütter lange an dieser Geburtserfahrung zu tragen haben. Durch eine Vielzahl von Heilungswegen können jedoch die schmerzlichen Erlebnisse gut aufgearbeitet werden. Jede Frau hat die Chance, wieder im Einklang mit der eigenen Geschichte zu sein, ihr einen Sinn zu geben und liebevoll mit sich selbst, ihrem Kind und ggf. auch ihrem operierten Körper umzugehen.

Auch an Ihrem Baby ist die Geburt möglicherweise nicht spurlos vorbei gegangen. Dies kann sich zum Beispiel in übermäßigem Schreien, großer Ängstlichkeit oder starkem Anklammern äußern. Ihr Kind muss nun (wieder) lernen, dass die Welt ein sicherer Ort ist, an dem es geborgen und umgeben von großer Liebe sich fallen lassen darf und seine Eltern ihn beschützen. Dabei kann EMDR für Babys helfen. Dabei wird zunächst ganz behutsam geschaut, was Ihr Baby mag und mit welcher Methode es entspannen kann. Auch dieses Angebot finden Sie in meiner Praxis. Sprechen Sie mich darauf an!

Hilfe nach schwierigen Geburtssituationen

Eine einfühlsame und behutsame Therapeut*in kann dabei helfen, das psychische und körperliche Wohlbefinden wiederherzustellen, um in herausfordernden Zeiten ein inneres Gleichgewicht zu erlangen. Dabei spricht mein Angebot sowohl Frauen unmittelbar nach der Niederkunft an, als auch Mütter, bei welchen die Geburt ihres Kindes schon länger zurück liegt. Auch Vätern und Partnerinnen kann durch gezielte effektive psychotherapeutische Maßnahmen die Verarbeitung erleichtert werden.

Psychotherapie kann vieles verändern:

  • Eine traumatherapeutische Verarbeitung des Erlebten bewirkt eine Reduktion bzw. ein vollständiges Ende wiederkehrender, leidvoll erlebter Geburtserinnerungen (posttraumatische Symptome).
  • Eine schrittweise Auflösung von Scham- und Schuldgefühlen ist hilfreich bei der Herstellung eines Gefühls von innerer Ruhe.
  • Die Aufarbeitung des Gefühls als Frau „versagt“ zu haben, fördert die Heilung.
  • Durch die Bearbeitung von familiären Spannungen und in der Partnerschaft auftretenden Differenzen wird ein konfliktfähiger Umgang mit neuen Herausforderungen unterstützt.
  • Die gemeinsame Erarbeitung (neuer) sozialer Ressourcen kann eine drohende Überforderung verhindern.
  • Die Bearbeitung belastender Distanzgefühle zum Neugeborenen hilft dabei, eine starke Bindung zum Kind zu entwickeln, mit der neuen Mutterrolle umzugehen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken.
  • Mit Hilfe therapeutischer Gespräche können intensiv gefühlte Trennungsängste dem Baby gegenüber gemildert und individuell verarbeitet werden.
  • Die Aufarbeitung der erlebten Geburtstraumata kann eine Reduktion von depressiven Stimmungen, verstärkt auftretendem Weinen und innerer Unruhe anregen.
  • Körperarbeit unterstützt die Auflösung traumabedingter körperlicher Störungen und fördert so das Vertrauen in den eigenen Körper.
  • Stillprobleme können mithilfe psychologischer Beratung besser bewältigt werden.

Vor allem wenn ein neuerlicher Kinderwunsch vorliegt, ist es ratsam, ein bestehendes Geburtstrauma aufzuarbeiten, um positiv und unbelastet in den neuen Lebensabschnitt zu treten.

Mein Angebot

Wenn Sie einen Termin mit mir vereinbart haben, werde ich in Einzelsitzungen wissenschaftlich bewährte psychotherapeutische Methoden in Kombination mit traumatherapeutischen Techniken anwenden, um ein harmonisches inneres Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Behandlungsdauer ist dabei sehr individuell. Manchmal reichen bereits 2-3 Sitzungen, damit Sie sich deutlich besser fühlen. Für die gezielte Bearbeitung einer traumatischen Geburtserfahrung benötigt es häufig nur 6-10 Sitzungen. Dabei beschränkt sich mein Angebot nicht ausschließlich auf diese Thematik. Liegen weitere Anliegen vor (andere Erkrankungen, aktuelle Krisen, Vortraumatisierungen), können und sollen diese im Zuge der Psychotherapie immer mitbearbeitet werden. Die Entscheidung, was wir gemeinsam bearbeiten, liegt dabei immer bei Ihnen!